Der Inbegriff der Abfallvermeidung ist, dass kein Abfall entsteht. Die Abfallhierarchie gibt laut Art. 4 Abs. AbfRRL (Abfallrahmenrichtlinie) jedoch den Handlungsbedarf für die Abfallvermeidung und die Abfallbewirtschaftung vor.
Daher steht die Vermeidung allgemein verbindlich auch für den Umgang mit erzeugten Abfällen an erster Stelle der Abfallhierarchie.
Die Vorgehensweise bei der Abfallbewirtschaftung soll demnach darauf ausgerichtet sein, möglichst viele Abfälle so zu behandeln, dass diese anschließend kein Abfall mehr sind. Das Ende der Abfalleigenschaft und damit die Vermeidung der erzeugten Abfälle haben bei der Abfallbewirtschaftung innerhalb der Abfallhierarchie oberste Priorität. Dieses Ziel kann nur durch die Vorbereitung von Abfällen zu deren Wiederverwendung erreicht werden. Erst, wenn es nach dieser Maßnahme zu einer Weitergabe für eine Wiederverwendung kommt, ist das Ende der Abfalleigenschaft und damit die Vermeidung vollzogen.
Nur die Übertragung der Sachherrschaft über einen Abfall gewordenen Gegenstand von einem Abfallbesitzer auf einen Wiederverwender kann innerhalb der Abfallbewirtschaftung das Kriterium einer vorrangigen Vermeidung erfüllen.
Eine Wegwerfgesellschaft basiert auf einem verschwenderischen Umgang mit Ressourcen und führt zu der Erzeugung von zu vielen Abfällen. Mittels einer auf die Vermeidung ausgerichteten Abfallbewirtschaftung kann diesen schädlichen Auswirkungen eines ungezügelten Konsums entgegengewirkt werden.
Diese Abfallbewirtschaftung muss darauf abzielen, die schädlichen Auswirkungen der Abfallerzeugung zu vermeiden oder zu verringern, die Gesamtauswirkungen der Ressourcennutzung zu reduzieren sowie die Effizienz der Ressourcennutzung zu verbessern.
Dafür kann diese jedoch nicht auf der Abfallvermeidung basieren, sondern muss im Grundsatz auf das Ziel, die Verschwendung zu vermeiden, ausgerichtet sein.
Würde man den Schwerpunkt in der Abfallhierarchie stattdessen auf die Abfallvermeidung setzen, dann müsste sich die Gesellschaft das Wegwerfen abgewöhnen. In einer Welt, die immer schon von der Herstellung und dem Verbrauch von Gütern bestimmt wurde, ist dies jedoch kaum realisierbar.
Daher setzt die Abfallbewirtschaftung einer Kreislaufwirtschaft den Schwerpunkt auf die Vermeidung der Verschwendung, dazu wird das Weggeworfene nach Möglichkeit dafür vorbereitet, dass es, sofern es sich dafür eignet, entweder wiederverwendet oder eben stofflich verwertet wird.
Was würde sich ändern, wenn die Abfallvermeidung tatsächlich an erster Stelle der Abfallhierarchie stehen würde?
Nun, zunächst könnten Hersteller eigentlich gleich ihre Betriebe schließen. Denn wer keinen Abfall erzeugen will, der darf auch nichts herstellen. Es gäbe dann auch keine Händler, die mit dem, was sie verkaufen, zur Erzeugung von Abfällen beitragen. Letztlich würden Verbraucher nichts mehr konsumieren und daher nicht mehr zu Abfallerzeugern. Eine echte Alternative zur Linearwirtschaft wäre das jedoch nicht. Insbesondere auch darum, weil sich dabei keinerlei Ansätze für eine Kreislaufwirtschaft einstellen würden.
Eine auf die Reduzierung des Ressourcenverbrauchs ausgerichtete Kreislaufwirtschaft kann daher nur dem Leitmotiv der Vermeidung folgen.
Hersteller müssen Produkte so designen, dass diese langlebiger und auch reparierbar sind. Erzeugnisse müssen so konzipiert sein, dass einzelne Bauteile ausgetauscht werden können. Das kann auch dazu beitragen, dass aus Gegenständen, die Abfall geworden sind, im Rahmen der Vorbereitung zur Wiederverwendung solche Bauteile entnommen werden können, die für eine Wiederverwendung als Ersatzteil genutzt werden können. Letztlich profitiert auch das zum Produktende führende Recycling davon, weil dadurch die für die Herstellung eingesetzten Materialien einfacher als Sekundärrohstoffe zu gewinnen sind.
Für eine funktionierende Kreislaufwirtschaft müssen Verbraucher etwas verbrauchen. Ohne Verbrauch hat die Abfallhierarchie keine Daseinsberechtigung. Der Verbrauch muss dafür allerdings auf eine Vermeidung der Verschwendung ausgerichtet sein. Wenn Gegenstände in der Endverbrauchsphase möglichst gepflegt und bei Defekten repariert werden, verlängert sich deren Nutzungsphase. Auch eine Verlängerung des Endverbrauchs, indem Gegenstände nach dem Erstbesitzer von einem Zweitbesitzer als Gebrauchtgegenstand genutzt werden, vermeidet eine Verschwendung.
Selbst wenn es am Ende des Endverbrauchs zu einer Entledigung kommt, führt das nicht grundsätzlich zum Produktende. Denn solche Gegenstände, die für eine Wiederverwendung geeignet und im Abfallaufkommen enthalten sind, können auch dann noch zur Vermeidung der Verschwendung für eine Wiederverwendung vorbereitet werden. Dazu zählt auch, dass dafür geeignete Bauteile aus solchen Gegenständen, die im Ganzen nicht mehr wiederverwendbar sind, für eine Nutzungsverlängerung entnommen werden. Eine Wiederverwendung von dafür geeigneten, im Abfall enthaltenen Gegenständen ist seit 1.6.2012 das oberste Ziel im Umgang mit Abfällen.
Zum Produktende kommt es tatsächlich nicht bei der Entledigung, sondern erst mit einer Zerstörung beim Recycling. Um nicht vom Ziel einer Nutzungsverlängerung abzuweichen, müssen sich dann jedoch alle Bemühungen zur Vermeidung auf den Erhalt der ursprünglich für die Herstellung eingesetzten Materialien konzentrieren. Die Beachtung des Prinzips des Cradle to Cradle wäre hierbei eigentlich das oberste Gebot. Dieses lässt sich jedoch nur dann umsetzen, wenn schon beim Design eines Produktes diese letzte Stufe der Vermeidung als Voraussetzung für die Herstellung und das Inverkehrbringen eines Produktes berücksichtigt wurde. Die Notwendigkeit einer Verbrennung zur Vermeidung der Deponierung und einer damit einhergehenden endgültigen Beseitigung der für die Herstellung eingesetzten Rohstoffe würde sich damit erledigen.
Das Ziel einer nachhaltigen Kreislaufwirtschaft besteht also keineswegs in einer Vermeidung der Erzeugung von Abfällen (Abfallvermeidung), sondern muss darauf ausgerichtet sein, die letzten beiden Stufen der Abfallhierarchie möglichst zu vermeiden.
Für eine Wiederverwendung setzt das Abfallrecht grundsätzlich voraus, dass ein Gegenstand zuvor Abfall war. Denn die Vorbereitung zur Wiederverwendung ist ein Umgang mit für die Wiederverwendung geeigneten, zu Abfall gewordenen Gegenständen. Werden solche Gegenstände wiederverwendet, dann endet damit auch deren Abfalleigenschaft. Das KrWG bringt genau das zum Ausdruck:
§3 (24) Vorbereitung zur Wiederverwendung im Sinne dieses Gesetzes ist jedes Verwertungsverfahren der Prüfung, Reinigung oder Reparatur, bei dem Erzeugnisse oder Bestandteile von Erzeugnissen, die zu Abfällen geworden sind, so vorbereitet werden, dass sie ohne weitere Vorbehandlung wieder für denselben Zweck verwendet werden können, für den sie ursprünglich bestimmt waren.
§ 5 Ende der Abfalleigenschaft
(1) Die Abfalleigenschaft eines Stoffes oder Gegenstandes endet, wenn dieser ein Recycling oder ein anderes Verwertungsverfahren durchlaufen hat und so beschaffen ist, dass
1. er üblicherweise für bestimmte Zwecke verwendet wird, ...
§ 3 (21) Wiederverwendung im Sinne dieses Gesetzes ist jedes Verfahren, bei dem Erzeugnisse oder Bestandteile, die keine Abfälle sind, wieder für denselben Zweck verwendet werden, für den sie ursprünglich bestimmt waren.
Bei der Abfallvermeidung kommt es dagegen anstelle einer Entledigung zu einer Weiterverwendung. Da die Weiterverwendung der Vermeidung von Abfällen dient und infolgedessen nichts mit der Abfallbewirtschaftung zu tun hat, wird sie auch in den Begriffsbestimmungen des KrWG nicht aufgeführt.
Sowohl die Abfallrahmenrichtlinie als auch das Kreislaufwirtschaftsgesetz sind Regelwerke für den Umgang mit Abfällen. Gegenstände, die gar nicht weggeworfen werden sollen und auch nicht weggeworfen werden, fallen daher auch nicht unter die Regelungen für die Abfallbewirtschaftung.
Wer nicht in der Lage ist nachzuvollziehen, dass aufgrund des Abfallrechts eine Wiederverwendung nur nach der Entledigung umgesetzt werden kann, wird auch nie den Handlungsbedarf zur Umsetzung der Abfallhierarchie erfassen.
Die Wiederverwendung dient nicht der Abfallvermeidung, sondern vermeidet, dass die dafür geeigneten Gegenstände weiterhin im Abfall bleiben und beim Recycling zerstört werden.
Ob etwas weiterverwendet wird, um eine Entledigung abzuwenden, oder es zu einer Wiederverwendung nach einer erfolgten Entledigung kommt, dient in jedem Fall dazu, das Abfallvolumen zu reduzieren und den Ressourcenverbrauch zu verringern. Daher zielt die Vorgabe der Vermeidung auf beide Handlungsfelder ab.
Abfallrahmenrichtlinie
Artikel 4
Abfallhierarchie
(1) Folgende Abfallhierarchie liegt den Rechtsvorschriften und politischen Maßnahmen im Bereich der Abfallvermeidung und -bewirtschaftung als Prioritätenfolge zugrunde:
a) Vermeidung
b) Vorbereitung zur Wiederverwendung,
c) Recycling,
d) sonstige Verwertung, z.B. energetische Verwertung,
e) Beseitigung.
Quelle: Abfallrahmenrichtline
Wie wirkt sich die Abfallhierarchie auf die Wirtschaftlichkeit von Reparaturen aus?
Bevor die fünfstufige Abfallhierarchie zum 1.6.2012 eingeführt wurde, war die Abfallhierarchie dreistufig und auf die Vermeidung, das Recycling und die Beseitigung begrenzt. Im Handlungsfeld der Abfallvermeidung sollte u. a. durch Reparaturen die Erzeugung von Abfällen vermieden werden. Die Abfallbewirtschaftung war dagegen auf das Recycling und damit auf die Vermeidung der Beseitigung und Deponierung auszurichten.
Wenn Reparaturen anstehen, dann liegen die Kosten dafür nicht selten in einem ungünstigen Verhältnis zum Neuwert des defekten Gegenstands. Verbraucher, die die Kosten für eine Reparatur vermeiden wollen und lieber eine Neuanschaffung tätigen, konnten damals und können auch heute noch frei darüber entscheiden, welchen Weg sie wählen. So werden Reparaturen, wenn diese unwirtschaftlich erscheinen, häufig unterlassen und die von dieser Entscheidung betroffenen Gegenstände werden überwiegend Abfall.
Mit der Einführung der fünfstufigen Abfallhierarchie wurde innerhalb der Abfallbewirtschaftung als zusätzliche Stufe die Vorbereitung zur Wiederverwendung einer Sammlung für das Recycling von Abfällen vorangestellt. Diese zusätzliche, vorrangige Maßnahme soll dazu beitragen, dass auch dafür geeignete, im Abfall enthaltene Gegenstände geprüft, repariert, gereinigt und für eine Wiederverwendung vorbereitet werden. Damit wurde die für eine Vermeidung maßgebliche Aufgabe, auf eine Nutzungsverlängerung hinzuwirken, über die Abfallvermeidung hinaus auch auf die Abfallbewirtschaftung ausgeweitet.
In der Regel kommen Abfallerzeuger für die Kosten der Entledigung und Abfallbewirtschaftung auf, für den Abfallbesitzer bietet die Vorbereitung zur Wiederverwendung daher eine Möglichkeit, zusätzlichen Umsatz zu generieren. Für denjenigen, der einen Gegenstand vom Abfallerzeuger übernimmt, ist es als Abfallbesitzer daher relevant, welchen Restwert er durch eine Prüfung, Reparatur und Reinigung für einen zu Abfall gewordenen Gegenstand erzielen kann.
Der Vergleich mit dem Neupreis ist hierbei nur noch für die Höhe des Verkaufspreises notwendig. Denn eine Vorbereitung zur Wiederverwendung ist unwirtschaftlich, wenn der benötigte Erlös für diese Maßnahme über dem Neupreis eines vergleichbaren Gegenstands liegen muss, wird jedoch wirtschaftlich, wenn zur Deckung des Aufwands idealerweise 25 bis 30 % vom Neupreis ausreichen. Ob diese abfallrechtliche Maßnahme wirtschaftlich ist, hängt also davon ab, dass die für eine Weitergabe zur Wiederverwendung erzielbaren Einnahmen so hoch sind, als wenn eine Reparatur als Dienstleistung für einen Verbraucher durchgeführt und abgerechnet werden würde.
Aufgrund der Abfallhierarchie kommt es also dazu, dass für den Verbraucher unwirtschaftlich erscheinende Reparaturen, die eine Abfallerzeugung auslösen, innerhalb der Abfallbewirtschaftung aus einem wirtschaftlichen Interesse heraus durchgeführt werden.
Der Ansatz zum Erhalt der in einem entledigten Gegenstand enthaltenen Nutzungsreserve besteht lediglich darin, dass der zu erzielende Restwert die Kosten für die Vorbereitung zur Wiederverwendung decken muss.
Welcher Unterschied besteht eigentlich zwischen der ehemals 3-stufigen und heute 5-stufigen Abfallhierarchie?
Der Staat schützt auch in Verantwortung für die künftigen Generationen die natürlichen Lebensgrundlagen und die Tiere im Rahmen der verfassungsmäßigen Ordnung durch die Gesetzgebung und nach Maßgabe von Gesetz und Recht durch die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung. Soweit der Wortlaut von Artikel 20a des Grundgesetzes.
Das Kreislaufwirtschaftsgesetz ist eine auf dieses Staatsziel ausgerichtete Rechtsnorm, und deren Kernelement ist die fünfstufige Abfallhierarchie.
Daher kann es nicht sein, dass solche Abfälle, die aufgrund einer in dieser Hierarchie als vorrangig bestimmten Maßnahme einer Nutzungsverlängerung zugeführt werden, nicht als die besten Abfälle bezeichnet werden.
Stattdessen werden Gegenstände, denen überhaupt keine Abfalleigenschaft zugeordnet werden kann, als beste Abfälle bezeichnet.
Es kann nur eine Maßnahme geben, die die besten Abfälle hervorbringt, und dies ist die Vorbereitung zur Wiederverwendung. Diese innerhalb der Abfallbewirtschaftung vorrangige Maßnahme darf keine Abwertung erfahren.
Natürlich wäre es am besten, wenn erst gar keine Abfälle entstehen würden. Dies ist jedoch nicht die Aufgabe der Abfallbesitzer. Die sollen nach Möglichkeit die negativen Auswirkungen der Abfallerzeugung reduzieren und die Effizienz der Ressourcennutzung verbessern. Und das geht eben am besten durch die Vorbereitung zur Wiederverwendung.
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